Net­work-Mar­ke­ting: Geschich­te & Ein­lei­tung

Mul­ti-Level-Mar­ke­ting (MLM), auch als Struk­tur­ver­trieb, Net­work-Mar­ke­ting oder Pyra­mi­den­sys­tem bekannt, ist eine Ver­triebs­stra­te­gie, die seit ihrer Ent­ste­hung die Gemü­ter bewegt und spal­tet. Sie basiert auf einem hier­ar­chi­schen Netz­werk selbst­stän­di­ger Ver­triebs­part­ner, die nicht nur durch den Ver­kauf von Pro­duk­ten, son­dern auch durch das Anwer­ben neu­er Mit­glie­der Pro­vi­sio­nen erzie­len. Die Ent­wick­lungs­ge­schich­te von Mul­ti­le­vel-Mar­ke­ting ist geprägt von Inno­va­tio­nen, Kon­tro­ver­sen und Aus­dau­er und erstreckt sich über mehr als ein Jahr­hun­dert, wäh­rend sie sich in ver­schie­de­nen For­men wei­ter­ent­wi­ckelt hat. Die­ser Arti­kel zeich­net den Weg des Net­work-Mar­ke­ting von sei­nen Anfän­gen im spä­ten 19. Jahr­hun­dert bis zu sei­ner heu­ti­gen Bedeu­tung im 21. Jahr­hun­dert nach.

Frü­he Anfän­ge (Ende des 19. Jahr­hun­derts bis Anfang des 20. Jahr­hun­derts)

Die Wur­zeln des Mul­ti­le­vel-Mar­ke­ting rei­chen zurück ins spä­te 19. Jahr­hun­dert, als Fir­men began­nen, das Direkt­ver­kaufs­mo­dell zu nut­zen. Ein frü­hes Bei­spiel ist die 1886 ins Leben geru­fe­ne Cali­for­nia Per­fu­me Com­pa­ny, die spä­ter zu Avon Pro­ducts, Inc. wur­de. Bei die­sem Ansatz ver­kauf­ten Ein­zel­per­so­nen Pro­duk­te direkt an ihr sozia­les Umfeld und erhiel­ten dafür Pro­vi­sio­nen.

Die Ent­ste­hung des Mul­ti­le­vel-Mar­ke­ting aka Net­work-Mar­ke­ting (1930er bis 1950er Jah­re)

Die heu­ti­ge Form des Mul­ti-Level-Mar­ke­ting nahm in den 1930er und 1940er Jah­ren Gestalt an. Als Weg­be­rei­ter gilt Nut­ri­li­te, das 1934 von Carl Reh­n­borg ins Leben geru­fen wur­de und Nah­rungs­er­gän­zungs­mit­tel über ein Ver­triebs­netz­werk ver­kauf­te, das auch das Anwer­ben neu­er Ver­triebs­part­ner umfass­te. Die­ses Modell leg­te den Grund­stein für die spä­te­re Ver­triebs­struk­tur.

1949 grün­de­ten die ehe­ma­li­gen Nut­ri­li­te-Ver­triebs­part­ner Richard DeVos und Jay Van Andel das MLM-Unter­neh­men Amway. Amway trug maß­geb­lich zur Popu­la­ri­sie­rung des Mul­ti­le­vel-Mar­ke­ting-Modells bei und wur­de zum Sinn­bild für des­sen Erfolgs­po­ten­zi­al. Das Geschäfts­mo­dell von Amway umfass­te den Ver­trieb einer Viel­zahl von Haus­halts­pro­duk­ten durch ein umfang­rei­ches Netz­werk von Ver­triebs­part­nern, wobei der Fokus auf der Rekru­tie­rung lag: Ver­triebs­part­ner ver­dien­ten nicht nur an ihren eige­nen Ver­käu­fen, son­dern auch an denen ihrer ange­wor­be­nen Part­ner.

Die DeVos-Fami­lie ist eine rei­che und ein­fluss­rei­che Fami­lie in den USA. Sie sind bekannt für die Grün­dung und Lei­tung von Amway, einem der gro­ßen Mul­ti-Level-Mar­ke­ting­un­ter­neh­men. Richard DeVos grün­de­te Amway, und sein Sohn Dick DeVos führ­te es wei­ter. Bet­sy DeVos, Dicks Frau, war Bil­dungs­mi­nis­te­rin unter Prä­si­dent Donald Trump. Die Fami­lie unter­stützt vie­le wohl­tä­ti­ge Pro­jek­te und kon­ser­va­ti­ve poli­ti­sche Anlie­gen.

Wachs­tum und Regu­lie­rung (1960er bis 1970er Jah­re)

In den 1960er und 1970er Jah­ren erleb­te die Mul­ti­le­vel-Mar­ke­ting-Bran­che ein rasan­tes Wachs­tum. Fir­men wie Shaklee, Mary Kay und Her­ba­li­fe kamen in die­ser Zeit auf. MLM lock­te vie­le mit der Aus­sicht auf finan­zi­el­len Erfolg durch den Auf­bau eines Ver­triebs­netz­werks. Die­ses Wachs­tum zog aller­dings auch regu­la­to­ri­sche Auf­merk­sam­keit auf sich.

1979 ver­öf­fent­lich­te die US-Han­dels­kom­mis­si­on (FTC) Richt­li­ni­en, um seriö­se MLM-Unter­neh­men von Pyra­mi­den­sys­te­men abzu­gren­zen. Die­se Vor­ga­ben hoben die Bedeu­tung des Pro­dukt­ver­kaufs gegen­über der Rekru­tie­rung her­vor und führ­ten zu einem ver­stärk­ten Augen­merk auf Pro­dukt­qua­li­tät und recht­li­che Kon­for­mi­tät in der Ver­triebs­bran­che.

Her­aus­for­de­run­gen und Kon­tro­ver­sen (1980er bis 1990er Jah­re)

Die 1980er und 1990er Jah­re waren für die MLM-Bran­che von Erfol­gen, aber auch von Kon­tro­ver­sen geprägt. Wäh­rend Fir­men wie Amway wei­ter­hin pro­spe­rier­ten, sahen sich ande­re mit recht­li­chen Her­aus­for­de­run­gen kon­fron­tiert. Die FTC ging ins­be­son­de­re gegen Unter­neh­men wie Her­ba­li­fe und Amway vor, denen sie vor­warf, als Pyra­mi­den­sys­te­me zu agie­ren. Die dar­aus resul­tie­ren­den Rechts­strei­tig­kei­ten führ­ten zu Ver­glei­chen und Ände­run­gen der Geschäfts­prak­ti­ken in der Bran­che.

In die­ser Zeit kam es zum Phä­no­men der “MLM-Sät­ti­gung”, bei dem der Markt mit Ver­triebs­part­nern über­schwemmt wur­de, was es für Neu­lin­ge zuneh­mend schwie­ri­ger mach­te, signi­fi­kan­te Ein­kom­men zu erzie­len. Kri­ti­ker bemän­gel­ten, dass MLM vor allem den Weni­gen an der Spit­ze zugu­te­kam, wäh­rend die Mehr­heit der Teil­neh­mer nur mini­ma­le Ein­künf­te erziel­te.

Das Inter­net-Zeit­al­ter (2000er Jah­re)

Die Ein­füh­rung des Inter­nets Ende des 20. Jahr­hun­derts und der Auf­schwung des E‑Commerce hat­ten bedeu­ten­de Aus­wir­kun­gen auf Mul­ti-Level-Mar­ke­ting. Unter­neh­men nutz­ten Online-Platt­for­men für Rekru­tie­rung und Ver­kauf und erwei­ter­ten so ihre glo­ba­le Reich­wei­te. Das Inter­net ermög­lich­te es Mul­ti-Level-Mar­ke­ting-Fir­men, ein grö­ße­res Publi­kum anzu­spre­chen und bestimm­te Geschäfts­pro­zes­se wie Bestell­ab­wick­lung und Pro­vi­si­ons­ver­fol­gung zu auto­ma­ti­sie­ren.

Moder­ne Mul­ti­le­vel-Mar­ke­ting-Unter­neh­men (2010er bis heu­te)

In den letz­ten Jah­ren hat sich die MLM-Bran­che wei­ter­ent­wi­ckelt. Fir­men diver­si­fi­zier­ten ihr Pro­dukt­port­fo­lio, das nun Gesund­heits- und Well­ness­pro­duk­te, Kos­me­ti­ka und Tech­no­lo­gie­ar­ti­kel umfasst. Die Bran­che hat auch sozia­le Medi­en und Influen­cer-Mar­ke­ting als Mit­tel zur Rekru­tie­rung und zum Pro­dukt­ver­trieb adap­tiert.

Den­noch bleibt Mul­ti-Level-Mar­ke­ting ein kon­tro­ver­ses Geschäfts­mo­dell. Kri­ti­ker behaup­ten, dass die Mehr­heit der Teil­neh­mer kaum oder kein Ein­kom­men erzielt, wäh­rend eine klei­ne Grup­pe an der Spit­ze über­pro­por­tio­nal pro­fi­tiert. Bedeu­ten­de Rechts­fäl­le, wie die Kla­ge der FTC gegen Her­ba­li­fe im Jahr 2016, haben Pro­ble­me inner­halb der Bran­che beleuch­tet.

Regu­lie­rung und Kon­trol­le

Eini­ge Län­der haben stren­ge­re Regu­lie­run­gen oder sogar Ver­bo­te für Mul­ti-Level-Mar­ke­ting ein­ge­führt, wäh­rend ande­re die Bran­che als legi­ti­me Geschäfts­mög­lich­keit akzep­tie­ren.

Die Regu­lie­rung der Mul­ti-Level-Mar­ke­ting-Bran­che ist wei­ter­hin Gegen­stand von Debat­ten und recht­li­chen Aus­ein­an­der­set­zun­gen. Die FTC (Fede­ral Trade Com­mis­si­on / USA) über­wacht MLM-Unter­neh­men in den USA, um die Ein­hal­tung von Richt­li­ni­en zu gewähr­leis­ten, die den Ein­zel­han­dels­ver­kauf und den legi­ti­men Pro­dukt­ver­trieb gegen­über der Rekru­tie­rung beto­nen.

Die Euro­päi­sche Kom­mis­si­on (EC) ist in der EU für die Regu­lie­rung von Mul­ti-Level-Mar­ke­ting zustän­dig und for­dert von den Händ­lern, dass sie einen schrift­li­chen Ver­trag vor­wei­sen, ihre Ein­künf­te trans­pa­rent machen und kei­ne unzu­tref­fen­den oder miss­ver­ständ­li­chen Infor­ma­tio­nen bereit­stel­len. Wäh­rend­des­sen ist Mul­ti-Level-Mar­ke­ting in Chi­na gene­rell unter­sagt, außer für eini­ge lizen­zier­te Fir­men, die sich strikt an die Regeln hal­ten müs­sen.

Han­dels­ver­bän­de

Die Direct Sel­ling Asso­cia­ti­on (DSA) in den USA und die Sel­dia in der EU sind bei­de Orga­ni­sa­tio­nen, die Unter­neh­men ver­tre­ten, die im Direkt­ver­trieb tätig sind. Sie set­zen sich für die Inter­es­sen ihrer Mit­glie­der ein, bie­ten Schu­lun­gen an, för­dern ethi­sche Geschäfts­prak­ti­ken und ver­tre­ten die Bran­che gegen­über poli­ti­schen Ent­schei­dungs­trä­gern.

Aus Ver­brau­cher­sicht kön­nen die­se Orga­ni­sa­tio­nen sowohl posi­tiv als auch nega­tiv gese­hen wer­den. Posi­tiv ist, dass sie ethi­sche Stan­dards för­dern und ihre Mit­glie­der dazu ermu­ti­gen, fai­re Geschäfts­prak­ti­ken zu befol­gen. Sie kön­nen auch dazu bei­tra­gen, Ver­brau­cher vor betrü­ge­ri­schen Prak­ti­ken zu schüt­zen, indem sie Mit­glieds­un­ter­neh­men aus­schlie­ßen, die gegen ihre Ver­hal­tens­ko­di­zes ver­sto­ßen.

Auf der ande­ren Sei­te kann kri­ti­siert wer­den, dass die­se Orga­ni­sa­tio­nen in ers­ter Linie die Inter­es­sen der Unter­neh­men ver­tre­ten, die sie reprä­sen­tie­ren, und nicht unbe­dingt die der Ver­brau­cher. Sie betrei­ben Lob­by­ar­beit, um Geset­ze und Vor­schrif­ten zu beein­flus­sen, die ihren Mit­glie­dern zugu­te­kom­men könn­ten, was nicht immer im bes­ten Inter­es­se der Ver­brau­cher ist. Es besteht auch die Gefahr, dass sie dazu bei­tra­gen, bestimm­te Geschäfts­mo­del­le zu legi­ti­mie­ren, die für Ver­brau­cher nach­tei­lig sein kön­nen, wie zum Bei­spiel Mul­ti-Level-Mar­ke­ting-Sys­te­me, die oft mit unfai­ren und irre­füh­ren­den Prak­ti­ken in Ver­bin­dung gebracht wer­den.

Fazit

Eine Geschäfts­struk­tur, die ursprüng­lich aus dem “Direkt­ver­trieb” ent­stan­den ist, hat sich im Lau­fe der Jah­re gewan­delt — aller­dings nicht immer zum Vor­teil aller Betei­lig­ten. Es ist wich­tig zu beto­nen, dass Mul­ti-Level-Mar­ke­ting nicht mit Direkt­ver­trieb gleich­zu­set­zen ist 🔗, obwohl vie­le Mul­ti-Level-Mar­ke­ting-Unter­neh­men die­sen Begriff zur Beschrei­bung ihrer Tätig­keit ver­wen­den.

Die Geschich­te des Mul­ti-Level-Mar­ke­ting ist eine Chro­nik von Inno­va­tio­nen, Kon­tro­ver­sen und Anpas­sun­gen. Von sei­nen Anfän­gen im spä­ten 19. Jahr­hun­dert bis zu sei­ner heu­ti­gen Aus­prä­gung im 21. Jahr­hun­dert hat Mul­ti-Level-Mar­ke­ting bedeu­ten­de Ver­än­de­run­gen erfah­ren, sowohl in sei­nen Geschäfts­mo­del­len als auch in der öffent­li­chen Wahr­neh­mung. Es hat für man­che finan­zi­el­le Chan­cen geschaf­fen, wäh­rend ande­re ent­täuscht und skep­tisch geblie­ben sind. Die Dis­kus­si­on über die Legi­ti­mi­tät und Ethik von Mul­ti-Level-Mar­ke­ting dau­ert an und macht es zu einem fort­wäh­rend inter­es­san­ten und über­wach­ten The­ma in der Geschäfts­welt.

Link­samm­lung – Quel­len – Must-Reads

Pon­zi­no­mics von Robert L. Fitz­pa­trick

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